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Kreatives Schreiben online lernen
Zum kreativen Schreiben werden viele Fernstudium-Kurse angeboten. In Deutschland ist vor allem die Schule des Schreibens bekannt. Im englischen Sprachraum ist das Angebot vielfältiger. Ich habe mich für die Coursera-Spezialisierung “Kreatives Schreiben” entschieden und berichte dir in diesem Artikel über meine Erfahrungen.
“Kreatives Schreiben” – eine Spezialisierung der Wesleyan University
Die Coursera-Spezialisierung “Kreatives Schreiben” wird von der Wesleyan University angeboten. Der Campus dieser Privat-Universität liegt in Connecticut (USA). Die Kursinhalte vermitteln Dozentinnen, die selbst an der Wesleyan University unterrichten. Insgesamt setzt sich die Spezialisierung aus fünf Modulen zusammen: vier Lernmodule und ein Abschlussmodul, in dem eine eigene Kurzgeschichte verfasst wird.
Inhalte der Spezialisierung
- Modul 1: The Craft of Plot (4 Wochen)
- Modul 2: The Craft of Character (4 Wochen)
- Modul 3: The Craft of Setting and Description (4 Wochen)
- Modul 4: The Craft of Style (4 Wochen)
- Modul 5: Capstone – Your Story (7 Wochen)
Voraussetzungen & Kosten
Obwohl es sich um ein Angebot einer Universität handelt, muss du kein Abitur haben, um an den Kursen teilnehmen zu können. Allerdings solltest du Englisch in Wort und Schrift gut bis sehr gut beherrschen. Alle Inhalte (Videos, Aufgaben, Transkriptionen) sind auf Englisch und die Schreibaufgaben sowie die Peer-Reviews müssen auf Englisch absolviert werden. Die Kosten belaufen sich auf 44 EUR im Monat. Dabei kannst du die Module natürlich schneller als vorgesehen sowie parallel absolvieren. Das Capstone-Modul wird allerdings erst freigestaltet, nachdem du alle Grundlagen-Module erfolgreich bestanden hast. Theoretisch könntest du die ganze Spezialisierung in zwei Monaten abschließen. Das ist jedoch wenig sinnvoll.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen: Ich habe für die Module immer länger gebraucht. Das hat die Ausbildung natürlich auch teurer gemacht. Ich bin nicht mit eiserner Disziplin an den Kurs herangegangen und habe gewöhnlich einmal pro Woche gelernt. Insgesamt habe ich für die Spezialisierung 11 Monate gebraucht, das heißt sie hat mich 484 EUR gekostet.
Wie läuft ein Modul ab?
Alle Module bestehen aus vier Lektionen, sodass du pro Woche eine Lektion absolvieren kannst. Jede Lektion hat drei bis vier kurze Videos (7-15 Minuten), die verschiedene Aspekte eines Themas näher beleuchten. Manchmal gibt es dazu noch Interviews mit Autorinnen, die aus ihrer eigenen Schreibpraxis erzählen. Alle Videos sind transkribiert, manchmal ist der Text auch in andere Sprachen übersetzt. Am Ende jeder Lektion steht eine kurze Schreibübung, die du einreichst und die andere Kursteilnehmende nach vorgegebenen Kriterien beurteilen. Aus den Beurteilungen ergibt sich deine Note für die Lektion. Du kann eine Lektion nur dann abschließen, wenn du die Beiträge von drei anderen Teilnehmenden gelesen und bewertet hast.
Was lernst du?
Am Beispiel des ersten Moduls “The Craft of Plot” möchte ich dir zeigen, was dich erwartet, wenn du am Kurs teilnimmst. Dozent des Kurses ist Brando Skyhorse, der selbst Schriftsteller ist und die Inhalte auch sehr charmant vermittelt. Folgende Inhalte werden im Modul behandelt:
Woche 1
- What is Plot?
- How Plot Works in Harry Potter
- Character + Action = Plot
- Schreibübung
Woche 2
- What Is Structure?
- ABDCE Structure Examples from Famous Works of Literature
- Visiting Writer: How Structure and Outlines Can Help Organize Your Plot and the Story You Want to Tell (with Douglas Martin)
- Schreibübung
Woche 3
- What Is a Scene?
- Examples of Effective Scenes
- Shop Talk with Amity Gaige: How Setting and Description Make a Scene Come Alive
- Schreibübung
Woche 4
- Editing and Revision
- Shop Talk with Amy Bloom: Defining Wants and Needs; Creating Characters with Strong Motivations and Desires
- Shop Talk with Salvatore Scibona: Language that Gets Rewritten vs Language that Gets Cut Out
- The 21st Point
- Schreibübung
Pro und Kontra
Ich fand die Lerninhalte der Coursera-Spezialisierung gut. Der Stoff wurde so vermittelt, dass ich Lust hatte, mitzumachen; die Schreibaufgaben fand ich interessant. Gefallen hat mir auch, dass das Wissen in kleinen Häppchen präsentiert wurde. Der Fokus liegt klar auf der Schreibpraxis. Während des Kurses habe mich nie über- und immer gefordert gefühlt.
Allerdings muss ich auch sagen, dass die Stärke des Kurses auch eine Schwäche ist: Es wird fast keine Theorie vermittelt. Inhaltlich geht es gerade tief genug, um nicht banal zu sein, oft fehlen vertiefende Konzepte. Ich fand gut, dass es Praxis-Beispiele und Werkstatt-Gespräche mit Autorinnen gab. Aber ich hätte mir manchmal mehr Tiefgang oder theoretisches Material zur Ergänzung gewünscht.
Peer-Review könnte besser sein
Das größte Ärgernis am Kurs ist die Art und Weise, wie die Peer-Reviews stattfinden. Problematisch ist dabei weniger, dass andere Kursteilnehmende die Texte bewerten. Problematisch ist eher, dass keine Qualitätskriterien eingehalten werden müssen. Bessere Peer-Review-Konzepte strafen Teilnehmende ab, die keine Mühe in ihre Bewertung stecken. Es wäre durchaus möglich gewesen, ein Bewertungsinstrument einzubauen, das es ermöglicht, Ein-Wort-Bewertungen oder irrelevante Bewertungen nicht zu akzeptieren. Das wurde bei diesem Kurs leider versäumt.
Es ist sehr ärgerlich, wenn man etwa eine Stunde investiert, um ausführlich Feedback zu geben, dann selbst eine Bewertung erhält, die “gut” lautet und sich nicht einmal wehren kann. Nicht alle Teilnehmenden gehen mit derselben Ernsthaftigkeit ans Werk, nicht jeder ist in der Lage konstruktives Feedback zu geben – und das wird in den Foren des Kurses auch heftig kritisiert. Auch ich hatte ein paar solcher Null-Bock-Bewertungen bekommen. Eine davon bestand nur aus einem Punkt. Allerdings hatte ich Glück, denn die meisten meiner Reviews waren von Menschen, die sich Zeit für ihr Feedback genommen haben.
Feedback nimmt viel Zeit in Anspruch
Anstrengend ist auch das Feedback geben. Nicht nur weil es viel Zeit in Anspruch nimmt. Gerade wenn es Teilnehmenden nicht so gut gelingt, das Gelernte umzusetzen, können die Texte eine Herausforderung sein. Zudem sind die Sprachkompetenzen der Teilnehmenden stark verschieden. Allerdings werden die Texte im Verlauf des Kurses zunehmend besser. Außerdem fiel es zumindest mir in diesem Umfeld leichter, selbst auf Englisch zu schreiben. Wenn niemand perfekt ist, braucht man sich auf für die eigenen Fehler nicht zu schämen.
Darüber hinaus hätte ich mir gewünscht, dass es bessere Möglichkeiten gibt, mit anderen Kursteilnehmenden zu kommunizieren oder Lerngruppen zu bilden. Auf der Plattform gibt es aber keine Möglichkeit, Nachrichten an andere Teilnehmende zu verschicken. Du kannst nur über Foren kommunizieren.
Lohnt sich das Mitmachen?
Auf jeden Fall! Dein Erfolg in der Coursera-Spezialisierung: Kreatives Schreiben hängt jedoch stark davon ab, wie selbstmotiviert du an die Sache herangehst. Es gibt keine Dozentinnen, die dir sagen, ob dein Text gut ist oder was du besser machen könntest. Du kannst dich nicht darauf verlassen, dass deine Feedback-Partnerinnen dir hilfreiche Tipps geben. Mit anderen Worten: Du musst bereits ein gutes Text-Gespür mitbringen, um die doch manchmal vagen Instruktionen umsetzen zu können.
Ich habe Anglistik und Literatur studiert, lese viel und beschäftige mich schon lange mit dem Schreiben. Daher waren für mich die Rahmenbedingungen des Kurses kein Problem.
Nur schreibend wirst du besser!
Besonders hilfreich waren für mich die Schreibübungen und das Feedback der anderen Teilnehmerinnen. Natürlich habe ich schon häufiger Schreibratgeber gelesen, aber nie die darin empfohlenen Übungen gemacht. Ich bin ans Schreiben eher theoretisch herangegangen. Für mich war der Fokus auf die Praxis des Schreibens also genau das Richtige. Erst jetzt verstehe ich, wie wichtig es ist, die verschiedenen Aspekte des Schreibens in Übungstexten gezielt zu trainieren. Ich bin überrascht, wie stark ich mich in dieser kurzen Zeit durch die Übungen verbessert habe. Und ich bin auch ein sehr stolz auf diese Fortschritte.
Während des Kurses habe ich 16 Kurztexte sowie eine längere Erzählung geschrieben. Am Ende ist nicht nur mir selbst aufgefallen, wie viel besser meine Geschichten geworden sind – auch meine Freunde waren begeistert. Weil ich eher perfektionistisch bin, hatte ich mir für jede Schreibübung vorgenommen, die beste Version zu schreiben, zu der ich in diesem Moment in der Lage bin. Das heißt ich habe alle Texte mehrfach bearbeitet, ehe ich sie eingereicht habe.
Meine Entwicklung in 17 Geschichten
- The Smile on the Face of the Tiger (4 Fassungen)
- The Day I Didn’t Go to the Hospital (3 Fassungen)
- A Walk in the Park (5 Fassungen)
- Rounds (2 Fassungen)
- Alaska (2 Fassung)
- Delivery (2 Fassungen)
- The Mystery of the Open Door (5 Fassungen)
- The Ambassador – First Person (2 Fassungen)
- The Ambassador – Omniscient Narrator (2 Fassungen)
- Schrödinger’s Cat (2 Fassungen)
- The Darkness (2 Fassungen)
- Welcome to Africa (2 Fassungen)
- The Strange Place Called Home (3 Fassungen)
- Lucky (3 Fassungen)
- My Grandmother’s Knives – Original (4 Fassungen)
- My Grandmother’s Knives – gekürzt (4 Fassungen)
- Sad Place / Happy Place (2 Fassungen)
- The Marvelous Misfits of Westminster (9 Fassungen)
Geheimtipp: Coursera gratis
Es ist relativ leicht, gratis an kostenpflichtigen Coursera-Kursen teilzunehmen. Wichtig: Du musst den entsprechenden Antrag vorab stellen und mit der Anmeldung warten, bis der Antrag genehmigt wird. Das dauert ungefähr 15 Tage. Wenn du den Kurs bereits angefangen hast, ist eine nachträgliche finanzielle Unterstützung nicht mehr möglich. Wie genau du kostenlos an Coursera-Kursen teilnehmen kannst, erklärt dir Ishan Sharma in diesem Video.
Leider habe ich dieses Video erst im letzten Monat meiner Ausbildung entdeckt. Ich habe Ishan Sharmas Tipps testweise ausprobiert kann bestätigen, dass sie funktionieren:
Ob es moralisch richtig ist, nichts zu zahlen, wenn du eigentlich zahlen könntest, ist eine Frage, die du nur für dich selbst beantworten kannst.
Hast du auch schon einen Schreibkurs belegt? Wenn ja, welchen? Teile in den Kommentaren deine Erfahrungen und lass andere Leserinnen wissen, ob du deinen Kurs weiterempfehlen würdest.