Erstfassung
Das Sofa
Weil ihr der Name Melanie so geschraubt klang, nannte sie sich Megg. Sie las gerne und viel, liebte klassische Musik und interessierte sich für Geschichte. Es faszinierten sie interessante Persönlichkeiten und Vorgänge im Weltgeschehen.
Verheiratet war sie mit Justus. Immerhin schon vierundvierzig Jahre. Er suchte mit ihr gemeinsam nach geschichtlichen Ereignissen und Zusammenhängen, ging auch mit ihr ins Theater und las Bücher. Aber jeder hatte seine eigene Insel.
Viele schmerzhafte Jahre hatte sie mit Justus durchlebt, hatte ihn nicht verlassen und nahm jetzt im Alter vieles gelassener. Was nicht heißen sollte, dass sie sich nicht an manchen Dingen störte.
Die Jahre waren vergangen, die Kinder aus dem Haus und Megg und Justus waren Senioren geworden. Megg dröselte über ihren Haushaltspflichten, suchte ständig neuen Lesestoff, reiste zu den Enkelkindern und veränderte immer mal die Wohnungseinrichtung. Sie war der Ansicht, dass, wer nichts verändert, endgültig alt ist. Kurz und gut, sie betrachtete sich selbst als umtriebigen Menschen und man hätte meinen mögen, dass nichts auf der Welt, diesen Rhythmus verändern könnte. Und doch hatte seit Wochen eine merkwürdige Unruhe von Mega Besitz ergriffen. Oftmals waren es geradezu panische Zustände. Vor allem dann, wenn sie über ihre nächsten Vorhaben nachdachte, über einen Brief, den sie schreiben wollte, eine Aufzeichnung über ein bestimmtes Thema oder auch nur bei dem Gedanken, dass bald Ostern oder Pfingsten oder sonst ein besonderer Tag bevor stand.
Nun war Megg aber nicht die Frau, die sich hängen ließ. Nein, nein. Megg versuchte aus diesem Zustand herauszukommen, weil sie fürchtete, in Depression zu verfallen.
Emma
Der Vater war einhochgewachsener, blonder, schlanker Bursche mit schmalen Händen, die zärtlich streicheln konnten. Küsse, die in Emmas Erinnerung lange noch Lust und Verlangen schürten nach einer schwülwarmen Maiennacht unter dunklen Gewitterwolken und fernem Donnergrollen. Dreimal hatte sie sich heimlich mit ihm getroffen. Sie kannte weder seinen Namen, noch wußte sie seine Augenfarbe. Woher er kam, wußte sie auch nicht. Hat auch nie danach gefragt.
Anmerkung
Die Erstfassung war in eine Rahmenhandlung eingebettet. Allerdings findet die Rahmenhandlung (Das Sofa) keinen rechten Zusammenhang zur Haupthandlung (Emma) und es kam keine richtige Spannung auf. Die Rahmenhandlung führte zu umständlich und deutlich später zum Kern der Geschichte: Bis Emmas Erlebnis – das Hauptgeschehen – anfing, waren bereits fünfzig Seiten geschrieben.
Martina Rellin hat mir während eines Schreibseminars wertvolle Tipps für die Überarbeitung gegeben: Lass die Rahmenhandlung weg. Die ist zu lang und verwässert die Geschichte. Konzentriere dich auf das Wesentliche. Mache, wenn es not tut, zwei Teile daraus. Ihre Hinweise habe ich in der Endfassung umgesetzt.